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Wende vom 10. November – 22 Jahre danach



Am 10. November vor 22 Jahren verfolgte ganz Bulgarien gebannt die Nachrichten – auf einem Plenum des Zentralkomitees der Bulgarischen Kommunistischen Partei wurde Staats- und Regierungschef Todor Schiwkow seines Postens als Generalsekretär enthoben – 30 Jahre lang stand er an der Spitze des sozialistischen Bulgarien.

Mit der Wende in Bulgarien setzte eine stürmische politische, wirtschaftliche und soziale Entwicklung ein. Die Meinungsfreiheit hielt Einzug, den Menschen eröffneten sich ungemein viele Möglichkeiten. Mit den Jahren stellte sich aber heraus, dass sich nunmehr andere Schranken vor ihnen auftürmten.

Zu Beginn waren die Menschen euphorisch, angesichts der Tatsache, dass ihren Initiativen keine Grenzen mehr gesetzt wurden – vor allem der Handel begann zu florieren, das Warenangebot erhöhte sich ungemein, die Schlagen vor den Geschäften verschwanden. Supermärkte entstanden, in denen man sich wie im Westen fühlte – Luxuswaren begannen in den Schaufenstern zu glänzen, allerdings waren sie nur für reiche Kunden bestimmt. Und diese gab es plötzlich – die Menschen mussten sich an die Systemtransformation gewöhnen. Zu Beginn verschwanden die Buchgeschäft, da sie gewinnbringenderen Geschäften Platz machten, auch wenn die Hülle an Literatur berauschte. Die Buchhändler gingen auf die Straße und boten für alle Geschmäcker und Interessen etwas an. Bulgarien wurde auch zu einer Station international angesehener Stars, die hier Konzerte gaben. Doch wie alle Dinge, hatte auch die Wende eine Kehrseite.

Mit der neuen Gesellschaftsordnung zogen auch neue Ängste ein, die man vom Sozialismus her nicht kannte – Angst um den Arbeitsplatz, Angst vor Armut und Misere, kein Geld für medizinische Betreuung und und... Der Staat zog sich zurück, alles wurde privatisiert, zum größten Teil unter dem Tisch. Auch die Kriminalität nahm beängstigend zu. Existenzprobleme haben nunmehr ganze Institutionen, wie die Bulgarische Akademie der Wissenschaften. Es ist also nicht weiter verwunderlich, dass sich die Nostalgie nach dem Sozialismus breit machte. Die Menschen begriffen langsam, dass alles seinen Preis hat. Daher ruft der 10. November bei den Bulgaren gemischte Gefühle hervor – positive bei jenen, die die Wende nutzten, um Kapital anzulegen, und negative bei den Idealisten, die sich von der Wende ausgeraubt fühlen.

bnr.bg